#029 - Eigen- und Fremdvermarktung im deutschen Profi-Clubfußball - Die aktuelle Situation und eine SWOT-Analyse der Vermarktungsoptionen

 

Im deutschen Profi-Clubfußball ist die Professionalisierung der Sponsoring- & Hospitality-Vermarktung in den vergangenen Jahrzehnten stetig angestiegen und die Frage nach der optimalen Vermarktungsstrategie hat sich demnach zu einem zentralen Thema entwickelt. In diesem Kontext ist die Entscheidung, ob ein Club die Vermarktung in Eigenregie durchführt, oder auf die Leistungen von Vermarktungsagenturen setzt von entscheidender Bedeutung. Einige Clubs innerhalb der Profi-Ligen in Deutschland bewegen sich seit über 20 Jahren in der Fremdvermarktung, während andere die Eigenvermarktung verfolgen und wenige die Teilrechtevermarktung wählen. Jeder dieser Ansätze birgt clubspezifisch Vor- & Nachteile bzw. Chancen & Risken.

 

Wie die Clubs der drei Profi-Ligen derzeit in der Vermarktung ausgerichtet sind und welche Stärken, Schwächen, Risiken und Chancen die verschiedenen Ansätze allgemeingültig mit sich bringen, stehen im Fokus dieses Blog-Beitrags.


Die Entwicklung der Vermarktung im deutschen Profi-Clubfußball

Vermarktung im deutschen Profi-Clubfußball (2023/24)

Quellen: Sponsors; Vereinsangaben
Quellen: Sponsors; Vereinsangaben

In der Saison 2008/09 haben sich innerhalb der Bundesliga lediglich sechs Clubs in kompletter Eigenregie vermarktet und keine Vermarktungsleistungen durch eine Vermarktungsagentur in Anspruch genommen. Ein Sprung in die aktuelle Saison zeigt innerhalb der Bundesliga einen Anstieg auf neun Clubs. Insgesamt befinden sich mit 28 Clubs der drei Profi-Ligen (zweite Mannschaften nicht betrachtet) etwas mehr als die Hälfte aller Clubs in der Eigenvermarktung, während 22 Clubs auf die Gesamtvermarktung durch Vermarktungsagenturen setzen. Zusätzlich greifen vier Clubs auf den Mix der Teilrechtevermarktung zurück. 

 

Vergleicht man die aktuelle Saison 2023/24 zu kürzlich vergangenen Spielzeiten, fallen Veränderungen auf. Getrieben durch Clubs wie Eintracht Frankfurt, St. Pauli, Hansa Rostock und Fortuna Düsseldorf, welche sich zuvor lange in der Fremdvermarktung befanden sowie kürzlich dem 1. FC Nürnberg und dem SC Freiburg, fanden einige Wechsel von der Fremd- in die Eigenvermarktung statt. Die Zahl der Bundesliga-Clubs in der Eigenvermarktung stieg von 33% in 2019/20 auf die Hälfte der Clubs in 2023/24. Die Zahl der 2. Bundesliga blieb konstant bei 56%, in der 3. Liga stieg die Zahl der Clubs in der Fremdvermarktung.

 

Es ist wichtig anzumerken, dass die veränderte Zusammensetzung der Ligen durch Auf- und Abstiege berücksichtigt werden muss, da beispielsweise mit Bielefeld und Sandhausen zwei Clubs in der Fremdvermarktung in die 3. Liga abgestiegen sind, während drei Clubs in der Eigen- bzw. Teilrechtvermarktung den Sprung in die 2. Bundesliga geschafft haben. Zudem gilt zu erwähnen, dass in den vergangenen Spielzeiten einige Partnerschaften - vorzeitig & langfristig - verlängert wurden und die Vermarkter neue Mandate dazugewinnen konnten. So konnte die Vermarktungsagentur SPORTFIVE seit 2022 mit vier Clubs seine Partnerschaften langfristig verlängern und mit dem VfB Stuttgart sowie der SpVgg Greuther Fürth weitere Mandate dazugewinnen. Dadurch beläuft sich die aktuelle Laufzeit der Verträge im Schnitt auf das Jahr 2027 (DFL-Clubs), im Falle von Borussia Dortmund beispielsweise mit einem Commitment bis 2031. Auch wenn der 1. FC Nürnberg in die Eigenvermarktung und der Karlsruher SC in die Teilvermarktung wechselte, konnte durch die Vertragsverlängerungen und Neuabschlüsse, dass Niveau von 2019/20 aufrechterhalten werden. Neben dem Vermarktungsportfolio innerhalb der DFL, kommen bei SPORTFIVE noch fünf weitere Clubs aus der 3. Liga hinzu – somit 30% aller Profi-Clubs.

 

Das Club-Portfolio von Infront hat sich hingegen seit der Spielzeit 19/20 fast halbiert. Freiburg wechselte 2022/23 in die Eigenvermarktung, beim VfL Osnabrück wurde der Vertrag zur diesjährigen Saison angepasst und Infront besitzt noch das Mandat für die Vermarktung von einzelnen Exklusivrechten. Rostock und auch Fortuna Düsseldorf wechselte 2020/21 in die Eigenvermarktung. Durch den Abstieg des SV Sandhausen vermarktet Infront dementsprechend nur noch elf Prozent der 54 Profi-Clubs. Jedoch konnte die Schweizer Agentur auch einige Mandate langfristig verlängern. Die Vermarktungspartnerschaft mit dem 1. FSV Mainz 05 wurde Anfang 2020 bis 2031 verlängert, darüber hinaus läuft der Vertrag mit SV Werder Bremen zur Vermarktung der wesentlichen kommerziellen Rechten des Clubs (Trikot- & Stadionwerbung) noch bis 2028/29 und das Engagement beim 1. FC Köln hat noch Bestand bis 2026. Im Schnitt laufen die Verträge demnach bis 2029 (aufgrund von fehlenden Daten ist der SC Paderborn nicht berücksichtigt). In der 3. Liga kommen mit dem SSV Ulm, 1860 München sowie dem SV Sandhausen drei weitere Clubs hinzu. Mit letzterem wurde das Mandat trotz des sportlichen Abstiegs zum Beginn der diesjährigen Saison bis 2030 verlängert.

 

Außer SPORTFIVE und Infront findet sich in den Profiligen kein weiterer Vermarkter. Vor 13 Jahren waren es inklusive den beiden großen Playern durch Agenturen wie IMG allein sieben Vermarkter, die sich den DFL-Ligen betätigten. Davon ein Großteil jedoch vergleichsweise kleine Agenturen mit jeweils einem Club im Portfolio.

 

Die aktuellen Entwicklungen der Vermarktungssituation innerhalb des deutschen Proficlubfußballs zeigen, dass kein klarer Trend für eine Vermarktungsoption ersichtlich ist. Einige Clubs haben den Wechsel in die Eigenvermarktung vollzogen, andere wiederum sind eine Partnerschaft mit einem Vermarkter eingegangen bzw. haben ihre Partnerschaften mit SPORTFIVE oder Infront verlängert.

Zudem ist ersichtlich, dass Clubs mit den Vermarktern Vereinbarungen zur Teilvermarktung eingehen (SV Werder Bremen und der VfL Osnabrück mit Infront sowie der KSC und Braunschweig mit SPORTFIVE) oder sich für die Vermarktung von wirtschaftlichen relevanten Einzelrechten der Unterstützung der Vermarkter bedienen (SPORTFIVE unterstützte den SV Darmstadt 98 bei der Vermittlung des Hauptsponsors HAIX).

 

Des Weiteren hat sich auch die grundsätzliche Wertschöpfungskette in der Zusammenarbeit zwischen Club und Vermarkter geändert und so übernehmen immer mehr Clubs Funktionen im Segment des After-Sales / Partner-Management. Ein Grund dafür ist unter anderem, dass die Partnerschaften deutlich stärker durch Inhalte getrieben sind, die das Ziel der direkten Kundengewinnung verfolgen. Und auch die Themen der Partnerschaften sind durch integrierte Geschäftsmodelle, verlängerte Wertschöpfungsketten oder auch ideelle & strategische Inhalte, wie z. B. im Bereich der Nachhaltigkeit komplexer geworden und benötigen eine intensive Zusammenarbeit zwischen Club & Partner. 

 


SWOT-Analyse der drei Vermarktungsformen

Für die strategische Entscheidung zur Eigen-, Fremd- und Teilvermarktung ist es wichtig, Vor- & Nachteile sowie Chance & Risken für die einzelnen Optionen ausführlich zu bewerten. HORSTMANN Consulting hat in den vergangenen Jahren Clubs im Rahmen der „Make-or-Buy“ Entscheidungsfindung beratend begleitet und dabei in der objektiven Bewertung unter anderem Vor- & Nachteile sowie Chance & Risken der einzelnen Vermarktungsformen clubspezifisch betrachtet. Die wesentlichen Punkte, die innerhalb der Abwägungen zu berücksichtigen sind, haben wir im Folgenden gebündelt sowie allgemeingültig aufbereitet:

Eigen- & Fremdvermarktung

SWOT-Analyse Eigenvermarktung
SWOT-Analyse Eigenvermarktung

Die engere Zusammenarbeit zwischen den B2B- und B2C-Marketing- sowie Vertriebsabteilungen ermöglicht durch die Eigenvermarktung allgemeingültig eine gesteigerte Synergie. Diese Zusammenarbeit kann zu einer effizienteren Nutzung von Ressourcen und einer Stärkung der Marke führen, was wiederum die Gesamtleistung in der Vermarktung des Clubs steigert. Ein entscheidender Vorteil der Eigenvermarktung liegt zudem in der vollständigen Kontrolle über sämtliche Vermarktungsaktivitäten. Diese Unabhängigkeit gewährleistet Flexibilität bei Entscheidungen und es bietet sich die Möglichkeit, den Deckungsbeitrag zu erhöhen, da die eigenen Kosten der Vermarktung (Personal- und Sach-Kosten) geringer als die zu zahlende Provision an den Vermarkter sind. Des Weiteren fördert die direkte Kommunikation mit den Sponsoren persönliche Beziehungen in der Eigenvermarktung und ermöglicht maßgeschneiderte Partnerschaften, während potenzielle Interessenskonflikte mit externen Vermarktern ausgeschlossen werden können, da der Club allein seine Prioritäten und Ziele setzen kann. Zudem lässt sich eine gewisse Abhängigkeit vom Vermarktungserfolg des Vermarkters verhindern – der Club kann in der Eigenvermarktung selbst für den Erfolg sorgen.

 

Jedoch sind mit der Eigenvermarktung auch Herausforderungen verbunden. Das alleinige wirtschaftliche Risiko, das bei Misserfolg oder unvorhergesehenen Entwicklungen auf den Club zukommen kann, stellt eine potenzielle Schwäche dar. Diese kann jedoch durch die „punktuelle“ Hinzunahme von einem Vermarktern für die Vermarktung von wirtschaftlichen relevanten Einzelrechten eingrenzt werden. In der Fremdvermarktung kann der Vermarkter dem Club eine Planungssicherheit in Form von Garantien (Leistungen, Erlöse etc.) liefern. Dazu kommen potenzielle Cash-Leistungen in Form von einer Signing Fee.

 

Der Aufbau/Betrieb eines eigenen Vermarktungsteams bringt zusätzliche Personalkosten mit sich, hier ermöglicht die Vermarktung von außen eine Personalkostenentlastung durch bereitgestellte Vermarkter-Teams, womit die Beeinträchtigung der Effektivität durch mögliche Verluste von Know-how durch den Abgang erfahrener Mitarbeiter vermieden werden kann. Ein weiteres Risiko der Eigenvermarktung besteht meist in einem begrenzten internationalen Netzwerk im Vergleich zu etablierten global tätigen Vermarktungsagenturen, welche über ein (inter-)nationales Netzwerk verfügen. Begrenzte Netzwerke können die Reichweite und Vielfalt der Partnerschaftsmöglichkeiten einschränken. Die Gestaltung und Umsetzung neuer Vermarktungsformen erfordert spezifisches Know-how, insbesondere im Kontext der Digitalisierung. Der Mangel an Erfahrung in diesem Bereich könnte bei club-internen Teams Schwachstellen darstellen, wohingegen die Vermarkter Vermarktungsexpertise und Know-how durch das Headoffice sowie Innovation Labs mitbringen können.

 

Nichtsdestotrotz bieten sich durch die Eigenvermarktung auch Chancen. Die Möglichkeit einer flexibleren und ganzheitlicheren Vermarktung, die Paketierung von Rechten außerhalb traditioneller Vermarkter-Portfolios sowie die direkte Verwertung neuer Rechte ohne Provisionszahlungen können finanzielle Vorteile bringen. Demgegenüber stehen Risiken der Fremdvermarktung wie die Nichtberücksichtigung indirekter Potenzialbereiche. Die direkte Interaktion mit den Kunden ermöglicht eine authentischere Verbindung und stärkere Kundennähe. Zusätzlich bietet die situative Entscheidungsmöglichkeit in der Eigenvermarktung bezüglich einzelner Rechte Flexibilität und Anpassungsfähigkeit an sich verändernde Marktbedingungen. 

 

Weitere Risiken auf der anderen Seite kommen von der Abhängigkeit vom Vermarkter mit ähnlichen Vermarktungsmandaten oder der Konzentration auf „verkaufbarere“ Rechte, speziell unter Berücksichtigung des Aufwandes oder Ertrages.

 

Es ist jedoch wichtig, auch die Risiken der Eigenvermarktung zu beachten. Ein möglicher Umsatzrückgang, insbesondere in der Startphase nach der Umstellung, die Herausforderung der Personalakquisition für das Vertriebsteam und das Fehlen von Garantien oder Absicherungen bezüglich laufender Projekte stellen Risiken dar, die bei der Entscheidung für die Eigenvermarktung in Betracht gezogen werden sollten. Gleichermaßen birgt die Fremdvermarktung hier Chancen. (Inter-) nationale Vertriebsteams der Vermarkter können projektübergreifend unterstützen und bringen Expertise in Zukunftsthemen wie bspw. Digitalisierung mit sich.

Teilrechtevermarktung

Ein weiteres Szenario bietet die Teilrechtevermarktung, welche bei 7% der Profi-Clubs genutzt wird. Die Aufteilung von Eigen- und Fremdvermarktung bietet eine Vielzahl von Möglichkeiten für Clubs und Vermarkter, ihre Ressourcen zu bündeln und ihre Netzwerkstärken effektiv zu nutzen. Durch die enge Zusammenarbeit zwischen dem Verein auf regionaler Ebene und dem Vermarkter auf nationaler und internationaler Ebene können Synergien geschaffen werden, die es ermöglichen, sich auf spezifische Stärken zu konzentrieren.  Der Club fokussiert sich auf regionale Themen wie Hospitality, der Vermarkter beschränkt sich auf die „großen“ Rechte mit nationaler Strahlkraft, wie die TV-Bande, Digitales oder virtuelle Werbung. Dies eröffnet Potenziale für Erlössteigerungen in diesen Bereichen, da der Vermarkter, durch notwendige Expertise und Reichweiten, diese Rechte effektiver vermarktet.

 

Allerdings gibt es auch Herausforderungen und Schwächen im Zusammenhang mit der Teilrechtevermarktung. Die Provisionszahlungen an den Vermarkter können hoch ausfallen und sich somit auf die Gesamterlöse des Clubs auswirken. Zudem erfordert die Abstimmung mit dem Vermarkter einen erheblichen Aufwand, und es besteht die Gefahr von Überschneidungen von Zuständigkeiten bei der Rechtepaketierung, ein potenzieller Grund für Interessenskonflikte.

 

Dennoch eröffnen sich auch Chancen in diesem Szenario. Die Bündelung der gegenseitigen Stärken kann zur Optimierung der Erlös- und Deckungsbeiträge führen. Die Skalierbarkeit in solch einer Synergie ermöglicht es, im Hinblick auf den erforderlichen „Vermarktungsdruck“, situative und themenbezogene Anpassungen vorzunehmen. Zudem besteht die Möglichkeit, spezialisierte Partner für einzelne Rechte einzubeziehen, beispielsweise im Bereich Digitalisierung oder auch Internationalisierung.


Abschluss

Die vorliegende Analyse verschafft einen Einblick in die Vor- & Nachteile der Eigen-, Fremd- und Teilrechtvermarktung. Die Ansätze bieten Clubs Chancen als auch Risiken, Stärken aber auch Schwächen. Für eine fundierte Entscheidung ist die aktuelle Situation des Clubs essenziell – darunter verschiedene Faktoren wie die Ressourcenverfügbarkeit, Marktdynamik und strategische Ziele. Dies wird unterstützt durch die aktuelle Vermarktungssituation im deutschen Profi-Clubfußball.

 

Basierend auf der Expertise diverser Projekte im Bereich der Vermarktung bietet die Analyse eine solide Grundlage zur Entscheidungsfindung in Bezug auf Vermarktungsstrategien. Wir haben bereits 14 Clubs in den diskutierten Fragestellungen begleitet und darauf aufbauend stehen wir bei HORSTMANN Consulting Ihnen gerne beratend zur Verfügung! 


Aufgrund der besseren Lesbarkeit wird im Text das generische Maskulinum verwendet. Gemeint sind jedoch immer alle Geschlechter. 

 

11.12.2023

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