#005  - Ticketing - Clubs im Spannungsfeld zwischen Rückerstattungen und  Saison-Planung 20/21

 

Die Corona-Krise hat auch das Sportbusiness hart getroffen. Selbst die Durchführung von Geisterspielen, wie sie seitens DFL, DFB und BBL geplant werden, ist allenfalls die „bestmögliche“ aller schlechten Lösungen. Folglich wird die Pandemie kurz- und langfristig deutliche Auswirkungen auf das Ticketing von Vereinen und Veranstaltern und deren Erlöse haben.

 

Die Vereine befinden sich derzeit in einem komplexen Spannungsfeld. Oberste Maxime hat zunächst die Sicherung der eigenen wirtschaftlichen Existenz. Gleichzeitig gilt es, den Rückerstattungsansprüchen der Fans und Ticketbesitzern gerecht zu werden - ohne dass die eigene (kurzfristige) Liquidität massiv beeinträchtigt wird. Hier ist die Entwicklung und transparente Kommunikation passender Kompensations- bzw. Rückerstattungsangebote für und gegenüber dem Fan von elementarer Bedeutung.

 

Bei der Gestaltung etwaiger Angebote empfehlen wir auch die Ticketing-Planung der kommenden Saison zu berücksichtigen. Denn zum einen müssen die Vereine - auch ungeachtet von Corona und dessen Folgen – allmählich die turnusmäßige Dauer- und Tageskarten-Planung vorantreiben. Zum anderen lassen sich diese beiden Themen zum Beispiel im Bereich der Dauerkarten aber auch sinnvoll miteinander kombinieren.

 

Wie die Vereine hinsichtlich der komplexen Aufgabenstellung vorgehen können, möchten wir im Folgenden auszugsweise detaillieren.

Das Vorgehen kann dabei grob in drei Schritte unterteilt werden: Eine Rechtsprüfung, die Entwicklung der Rückerstattungsangebote und die Planung des Ticketing 20/21. Letzteres ist zusätzlich in die Teilbereiche Dauerkarten, Tageskarten und Umsatzkalkulation zu differenzieren.

 

Schritt 1 - Rechtsprüfung:

Die (Sport-) Rechtsexperten sind sich einig. Bei Spielausfällen sowie Spiele unter Zuschauerausschluss ist bei Tageskarten der volle und bei Dauerkarten der anteilige Ticketpreis (inkl. VVK-Gebühren) zu erstatten.

Die Bundesregierung hat kürzlich einen Gesetzesentwurf vorgelegt, welches die Erstattung des entsprechenden Geldwerts als Gutschein vorsieht, um die Liquidität der Clubs und Veranstalter zu wahren.

 

 

Schritt 2 - Rückerstattungsangebote:

Den Fans müssen verschiedene Möglichkeiten der Rückerstattung geboten werden. Eine offene, direkte und ehrliche Kommunikation ist aus unserer Sicht dabei der Schlüssel zum Erfolg. Mitglieder, Dauerkarteninhaber und Fans müssen spüren, dass sie Teil des „Großen Ganzen“ sind und dass der Club sie braucht und auch für sie da ist. Auch wenn bereits gekaufte Tickets gesetzlich mit einem Gutschein kompensiert werden könnten, sollten Clubs ihren Fans die Option der Rückerstattung anbieten, falls das Geld dringend gebraucht wird.

 

Folgende Erstattungsoptionen bilden das grundsätzliche Muster ab:

  • 100-prozentige Rückerstattung (als Überweisung)
  • Verzicht (ggf. Rabatt auf den nächsten Einkauf im Ticket-/Fans-Shop (z.B. Dauerkarte))
  • Verzicht + Spende an (eine) gemeinnützige Organisation(en) / an eine clubeigene Spendenkampagne

Kreative Umwandlungsideen wie die sog. „Helden Tickets“ des FSV Mainz 05 können denkbare Alternativen sein. Die Einbindung des Fans in den

Spieltag, ob per Foto auf der LED-Wand oder -Bande oder das Abbild als „Pappkamerad, sind weitere Loyalitäts-steigernde Optionen bei einem Rückerstattungsverzicht.

 

Die Gutschein-Lösung können wir nur bedingt empfehlen. Da mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit auch die gesamte oder zumindest eine Vielzahl der Spiele der Hinrunde 20/21 als Geisterspiele stattfinden werden, ist diese Variante insbesondere bei Clubs mit hoher Auslastung voraussichtlich wenig effektiv. Sie ist nur Clubs zu empfehlen, die bei regulären Spielen über hohe freie Kapazitäten im Stadion verfügen. Alternativ könnte der Gutschein auf Fanartikel übertragbar sein.

 

Gegebenenfalls kann auch über ein differenziertes Timing der Rückerstattungsangebote diskutiert werden. So könnten in einem ersten Schritt die Rückerstattung der Tageskarten abgewickelt werden und anschließend die der Dauerkarten. Auf diesem Wege könnten Clubs wichtige Learnings hinsichtlich Verzicht- bzw. Rückerstattungsquoten erzielen und auf das Vorgehen gegenüber ihren besonders treuen Fans adaptieren.

 

 

Schritt 3 - Planung Ticketing 20/21:

Um ein ganzheitliches Vorgehen umsetzen zu können, sollten beispielsweise die anteiligen Rückerstattungs- bzw. Verzichtsangebote mit dem Erwerb der neuen Dauerkarte sinnvoll verbunden werden (Verzicht und Ermäßigung auf die neue DK).

 

Dauerkarten: Für die Dauerkarten 20/21 sind verschiedene Modelle denkbar. Ausgehend von einem TK-Basispreis ist zunächst das reguläre DK-Pricing für die gesamte Saison aufzustellen. Daraus lassen sich dann verschiedene DK-Angebote entwickeln:

  1. Saison-DK mit anteiliger Kompensation pro Spielausfall (Nennung Preis pro Spiel).
  2. Verkauf von DK-Reservierungen (Nennung Maximalpreis & Preis pro Spiel). Rechnungstellung erfolgt zu dem Zeitpunkt an dem Zuschauer wieder zugelassen sind und in Abhängigkeit zu den dann noch anstehenden Heimspielen.
  3. Reduzierte DK mit automatischer Verzichtserklärung für Geisterspiele 20/21. In diesem Angebot geht der DK-Käufer eine Wette ein und übernimmt ein Teilrisiko des Clubs.

 

Tageskarten: Auch in diesem Segment gilt es alternative Angebote, wie virtuelle Geisterspieltickets, zu entwickeln, welche zur Sicherung der Liquidität und Kompensation für ausbleibende Erlöse beitragen.

 

Zudem ist neben der möglichst differenzierten Preisgestaltung zu evaluieren, inwiefern es  sinnvolle strategische Maßnahmen gibt, um sich im Ticketing zukunftsorientiert aufzustellen. Wäre bspw. die Einführung von Dynamic Pricing sinnvoll, um die entstehenden Umsatzverluste bestmöglich aufzuholen? Inwieweit lässt sich über innovative Technologien eine Reduzierung der No-Show-Quote umsetzen, sobald die Stadien wieder für die Fans geöffnet sind?

 

 

Umsatzkalkulation: Die Kalkulation der Erlöse ist sowohl für 19/20 als auch 20/21 relevant. Für die laufende Spielzeit 19/20 ist eine Kalkulation der zu

erwartenden Rückerstattungen vorzunehmen. Wie hoch ist das Gesamtrisiko (Erlöse TK + anteilige DK-Erlöse)? Welche Rückerstattungsquote ist für den Club

realistisch? Gleiches gilt für den Verzicht und ggf. zu kalkulierende Spendenanteile (Spende = Abfluss von Liquidität).

 

Für 20/21 ist eine generelle Umsatzkalkulation vorzunehmen. Dabei sollte in verschiedenen Szenarien geplant werden. Als Realistic-Case kann eine

Kalkulation mit Zuschauern in der Rückrunde vorgenommen werden. Als Worst-Case-Szenario ist ein Zuschauerausschluss über die gesamte Saison zu kalkulieren.

 

Sofern eingesetzt, ist bei der Erlöskalkulation 20/21 auch die Erlösminderung durch Gutschein-Einlösungen bzw. anderweitig gewährten Rabatten (z.B. bei Verzicht) zu berücksichtigen. Zusätzlich gilt es den Umsatz der alternativen Angebote (z.B. Geisterspieltickets) zu kalkulieren.

 

 

Das dargestellte Vorgehen bietet einen ersten Orientierungsrahmen, welche Schritte im Bereich Ticketing zu gehen sind und wie die derzeitigen Herausforderungen gelöst werden können. Von der zeitaktuellen Thematik der Regressansprüche über die Planung des Ticketing 20/21 (Dauerkarten und

Tageskarten) bis hin zu einer in Szenarien gestalteten Umsatzkalkulation 20/21 lassen sich letztendlich auch die finanziellen Auswirkungen der Corona-Krise vollumfänglich bewerten und erlauben den Clubs eine durchdachte Budgetplanung für die kommende Spielzeit.

30.04.2020

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