#010 - Management in Krisensituationen

 

Die Begriffe Sport und Krise passen eigentlich nicht zusammen. Mit Sport werden Erfolge und Siege verbunden, nicht aber Niederlagen und Krisen. In keiner anderen Branche ist der Nachhall des Erfolgs so lange wie im Fußball. Es fallen viele Namen ein, die auch in der 3. Liga oder einer Regionalliga noch glänzen und große Gefühle hervorrufen, die Fans zu den Spielen ziehen, auch wenn die großen Zeiten lange vorbei sind. Es soll hier kein Name genannt werden, denn oft liegt zwischen Klassenerhalt und Abstieg nur ein Punkt oder ein Tor. Nicht jeder Abstieg ist selbstverschuldet und nicht jeder Klassenerhalt verdient; manchmal ist es einfach eine Frage des Glücks. 

Gleichwohl mag es gelegentlich auch daran liegen wie die Verantwortlichen mit Krisensituationen umgegangen sind. Auch das Meistern von Krisen muss gekonnt sein und es kann geraten sein, nicht nur einen Feuerwehrmann als Trainer zu holen, wenn der Abstieg droht, sondern auch Führungskräfte, die in Krisensituationen Nerven und Überblick behalten, handlungsfähig sind und nicht nur auf den weißen Ritter hoffen und dass es schon irgendwie weitergeht. Die folgenden Zeilen sollen ein paar Hinweise auf eine mögliche Gestaltung eines Krisenmanagements geben und dabei nicht auf die sportliche, sondern auf kaufmännische Aspekte eingehen.

 

Nicht jede Herausforderung ist eine Krise. In Abgrenzung zur „normalen“ Abweichung von Umsatz- und Ergebniszielen kennzeichnet die Krise das Element der Unbeherrschbarkeit. Entweder ist es bereits zu spät, die Situation aus dem laufenden Geschäftsbetrieb heraus zu beherrschen oder die Eintrittswahrscheinlichkeit für das Misslingen ist deutlich höher als diejenige für ein Ereignis, das Alles zum Guten wendet. Wir wollen unter Krise die Bestandsgefährdung des Unternehmens oder des Vereins verstehen. Deutlich wird dies durch einen erheblichen Liquiditäts- und Eigenkapitalverzehr, der nur durch ungeplante Nachschüsse ins Eigenkapital und frische Liquidität bewältigt werden kann.

 

Selbstredend ist die Krise immer ein ungewolltes Ereignis. Folglich müssen auf der Strecke von Ideen und Entscheidungen bis zur Realisierung Fehleinschätzungen oder fehlende Umsetzungskonsequenz der Entscheidungen vorliegen. Dafür können externe oder interne Ursachen, fachliche oder politische Gründe verantwortlich sein. Je komplexer die Ursachen sind, desto größer ist die Herausforderung.

 

Vor der Bewältigung der Krise steht indes das, möglichst, frühzeitige Erkennen der Situation und der Mut die Krise als solche, zunächst intern, zu benennen. Solange die Krise nicht als solche akzeptiert wird, können keine Gegenmaßnahmen eingeleitet werden. Die schnelle Identifikation der Ursachen kann gelingen, wenn die Geschäftsführung oder der Vorstand die Kompetenz der Führungskräfte nutzen und die Leistungsträger mit in den Lösungsprozess einbeziehen.

 

Diese Phase ist entscheidend und wird oft nicht genutzt. Entweder besteht Uneinigkeit auf der Geschäftsführungsebene und einer glaubt aus der Krise Honig für die persönliche Entwicklung ziehen zu können oder die konstruktiven Lösungen decken Defizite in der Vergangenheit auf, die einer oder alle sich nicht eingestehen wollen. Deswegen ist es ratsam, wenn die an der Krisenbewältigung beteiligten ihre eigene und die Interessenlage der Stakeholder intern und extern möglichst realistisch einschätzen. Das gleiche gilt für die Einflussmöglichkeiten, die mit den vorhandenen Interessenlagen verknüpft sind.

 

Ist die Analyse der Ursachen der Krise gelungen, so folgt als nächster Schritt die Bewertung der Möglichkeiten sie auch zu meistern. Sind ausreichende personelle, finanzielle und zeitliche Ressourcen vorhanden? Für die Geschäftsführung und die Aufsichtsgremien ist es entscheidend, das Heft des Handelns in der Hand zu behalten. Deshalb sollten die internen und externen Beteiligten, die objektiv oder subjektiv von der Krise profitieren, konsequent aus ihren Positionen genommen werden, von denen aus sie die Bekämpfung der Krise torpedieren können. U.U. ist eine interne und / oder externe Kommunikation notwendig. Das heißt nicht, dass unterschiedliche Interessenlagen unterdrückt werden sollen. Konflikte und Diskussionen, das Ringen um die beste Lösung ist sogar notwendig, um eine Gesellschaft voranzubringen. Dies gilt aber nicht in der Krise, wenn die Zeit bis zur Umsetzung der Lösungen begrenzt ist. Bis zur Bewältigung muss ein Weg, gerne mit passenden Alternativen als Notlösung, gegangen werden.

 

Nach der erfolgten Rettung kommt die Stunde der Diskussion. Ein Turn Around zur Vermeidung zukünftiger Krisen erfordert die Einbeziehung insbesondere auch der kritischen Stimmen; aber in einem geordneten Prozess. Mit einem gleichen Verständnis über die Ursachen der Krise bei Geschäftsführung, Aufsichtsgremien und möglichst auch der Mitarbeiter*innen, kann die Gestaltung der Zukunft angegangen werden: Sind die alten Visionen und Ziele noch gültig oder müssen diese neu definiert werden? Haben sich die Rahmenbedingungen, das wirtschaftliche Umfeld so verändert, dass die alten Ziele nicht mehr realistisch sind? Gerade in der aktuellen Corona-Situation kann sich das Umfeld deutlich verändern: - weniger Zuschauereinnahmen, rückläufige Sponsoringerträge, abnehmende Medienentgelte und ein Absinken des Niveaus für Transfererträge. Gefährlich ist bei der Definition der Visionen und Ziele, dass das Machbare von der Vergangenheit überschattet wird. Der Satz „Wir gehören in die Bundesliga“ ist oft schon der Grund, warum eine realistische Zukunft nicht angegangen, sondern der Weg in die nächste Krise eingeschlagen wird. Das ist leichter gesagt als getan. Auch wenn alle Verantwortlichen die Situation und Möglichkeiten richtig einschätzen, so werden sie von ihrem Umfeld, den Medien oder der Politik auf die Vergangenheit verpflichtet.

 

 

Es ist also viel Standhaftigkeit von jedem Verantwortlichen und ein vertrauensvolles, loyales Zusammenarbeiten in den Gremien und von allen in der Gesellschaft oder dem Verein gefordert. Dies sind hohe Anforderungen, denn es bedeutet im Sinne des Vereins auf den Versuch zu verzichten, den nächsten großen Erfolg in der eigenen Amtszeit zu erreichen und sich in diesem Glanz sonnen zu können. Auch wenn wir wöchentlich die Leistungsfähigkeit in aller Öffentlichkeit nachweisen, bedürfen positive Entwicklungen im Fußball und insbesondere im Profifußball Zeit, mehr Zeit als in anderen Branchen. Wenn man das erkennt muss man sich auch nicht das Wort eines ehemaligen, sehr erfolgreichen Verantwortlichen zu eigen machen: „Das Ziel des Profifußballs ist der sportliche Erfolg bei Vermeidung der Insolvenz“. 

 

 

06.08.2020

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